Bastian Hauck (32) – Ein Außenminister auf See, Nahostexperte, Autor, Weltumsegler – und diabetesDE-Vorstandsmitglied

Bastian Hauck auf Segelboot
© bastian hauck
Bastian Hauck

Wenn er vor einem steht, möchte man meinen, er hätte die Welt umrudert und nicht umsegelt: hoch aufgeschossen, breites Kreuz, muskulöse Arme – Bastian Hauck ist durchweg eine Erscheinung. Dass dieser gutaussehende Mann seinen festen Job als Nahostexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik aufgab, um seiner 20 Jahre älteren großen Liebe nahe zu sein, mag man kaum glauben: Sie heißt „Tadorna“ und ist ein 50 Jahre altes Folkeboot. 

Hauck ist vor 12 Jahren an Diabetes Typ 1 erkrankt. Nach dem ersten Schock zögerte er nicht eine Sekunde, seiner großen Leidenschaft, dem Segeln, weiter nachzugehen: Denn Segeln bedeutet für ihn Freiheit. Dabei haben ihn Regatten nie wirklich interessiert, von der Jagd nach der schnellsten Weltumseglung, wie es zur Zeit selbst pubertierende Teenager praktizieren, hält er wenig. Er wollte immer raus in die weite Welt: Tourensegeln in Ecken, in die man sonst selten kommt.

Bastian Hauck ist ein Freigeist und die „Tadorna“ seine Mission: Er will uns zeigen, dass es sich auch mit Diabetes frei und unabhängig leben lässt. Als er 2008 vom Verlagsleiter der renommierten Segelzeitschrift „Yacht“ das Angebot bekommt, ein Buch über seine Segeltörns zu schreiben, merkt er erstmals, dass Segeln mehr ist als ein Hobby: Monatelang allein auf hoher See, mit unberechenbaren Wetterumschwüngen, die Kraft des Meeres täglich vor Augen – diese Erlebnisse aufzuschreiben war die Chance, etwas ganz Großes weitergeben zu können. Welcher Diabetiker, der sich regelmäßig Insulin spritzen muss, tut so etwas?

Mit genügend Insulinvorrat versorgt, brach er zu einem fünfmonatigen Törn rund um die Ostsee auf. Von Berlin ging es über Polen, Kaliningrad und die baltischen Staaten bis nach Russland und Südkarelien, zurück über Finnland und die Åland-Inseln nach Schleswig, seine Heimatstadt, und schließlich wieder nach Berlin. In seinem Buch „Raus ins Blaue! Unter Segeln nach St. Petersburg“ vermittelt Hauck in liebevoll und witzig erzählten Geschichten ein buntes Bild seines Segelsommers. Und fordert uns auf, endlich den eigenen Traum zu leben: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Er schildert aber auch kritische Momente: Wenn das Wetter so verrückt spielte, dass er doch mal vergaß, rechtzeitig Insulin zu spritzen oder ausreichend Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Oder wenn er nur mit einer Hand messen konnte, weil er sich mit der anderen am Mast festhalten musste.

Nach zwei Sommern auf der Ostsee ließ Bastian Hauck sich dieses Jahr auf ein Abenteuer der besonderen Art ein:  Mit einer zehnköpfigen Crew segelte er an Bord der 17-Meter-Yacht „Walross“ um die Welt, von Neuseeland nach Hamburg. Er umrundete Kap Hoorn, den Mount Everest der Segler, heuerte auf einem Großsegler an, um durch die Fjorde von Feuerland zu segeln, und unterzog sich auf dem Atlantik der „Äquatortaufe“. 6 Monate, 15 000 Seemeilen, über 1 000 Blutzuckermessungen – und nicht eine einzige Unterzuckerung: Seinen Diabetes hatte Hauck selbst dann noch gut im Griff, als das „Walross“ mitten im Südpazifik von einem Orkan überrascht wurde und im Sturm das Großsegel riss.

Es scheint fast so, als würden Hauck Gefahrenpunkte anziehen – auf dem Wasser wie auf dem Land. Am 11. September 2001 war er als Austauschstudent gerade in Beirut gelandet, als in New York die Twin Towers einstürzten und man ihn unbedingt zurückbeordern wollte, aus Angst vor Anschlägen in der Region. Hauck blieb, verbrachte drei Jahre in Beirut und Damaskus, gefolgt von Stationen in New York und Paris, bei den Vereinten Nationen und beim Auswärtigen Amt. So einer macht normalerweise Karriere als Außenminister, nicht als segelnder Autor. Nun ist er Außenminister auf See geworden, denn seine Liebe zum Segeln ist stärker als der Sicherheitsgedanke.

Bastian Hauck segelt, weil er eine Botschaft hat: Zeigen, dass Diabetes kein Hinderungsgrund ist, die Welt zu entdecken. Wer mehr von seinen faszinierenden Geschichten sehen will, kann sich schon jetzt auf seinen 90-minütigen Dokumentarfilm freuen, der im November zum Weltdiabetestag fertig sein wird. Auf der zentralen Veranstaltung in Berlin wird man Bastian Hauck außerdem live erleben können: In seinem Bildvortrag „Grenzenlos mit Diabetes“ nimmt er uns mit auf die Reise. Eine seltene Gelegenheit, denn nicht oft hat man die Chance, Bastian Hauck an Land zu begegnen: Schon bald wird er wieder mit seiner „Tadorna“ in See stechen – allein. Die „wahre“ Liebe muss noch warten…

(NMF, September 2010)

Weitere Infos unter: www.tadorna.de

Bastian Hauck: Raus ins Blaue - Teil 2: Post aus Haparanda