Reisen durch mehrere Zeitzonen mit Typ-1-Diabetes

eine Gruppe junger Menschen steht vor dem Grand Canyon. Eine Frau trägt einen CGM-Sensor
© Shutterstock

Reisen in ferne Länder sind auch mit Diabetes kein Problem. Menschen mit Diabetes müssen allerdings an ein paar Dinge mehr denken als nur an den Reisepass und die Sonnencreme. Das beginnt bereits bei der Anreise: Ein Langstreckenflug bedeutet meist eine Reise über mehrere Zeitzonen hinweg. Wie kommt der Diabetes in so einem Fall gut am Zielort an bzw. wie passt man als Mensch mit insulinpflichtigem Diabetes seine Therapie unterwegs an?

Generell gilt: Wenn man Richtung Westen unterwegs ist, zum Beispiel nach Südamerika, verlängert sich durch die Zeitverschiebung der Tag. Daher braucht man auch mehr Insulin. Bei Flügen in den Osten, etwa nach Indien oder China, verkürzt sich der Tag für die Reisenden, weswegen man weniger Insulin benötigt.

Anpassung am Reisetag

1. Reisen Richtung Westen

Um die Versorgungslücke auf Reisen in den Westen auszugleichen, die durch den verlängerten Tag entsteht, gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder erhöht man noch vor dem Abflug die Dosis des Basalinsulins prozentual um die Menge, um die der Tag verlängert wird. Oder man spritzt unterwegs etwa alle vier Stunden kurzwirksames Insulin.

2. Reisen Richtung Osten

Um die Überversorgung an Insulin auszugleichen, die durch einen kürzeren Tag entsteht, sollte man vor dem Flug die Basalrate reduzieren – prozentual um die Menge, um die der Tag kürzer ausfällt. Pro Zeitzone mit 1 Stunde Unterschied gen Osten kann die Insulinmenge um ein 24stel reduziert werden, bei sechs Zeitzonen also um ein Viertel.

Ein Rechenbeispiel:

Bei einem Flug von Deutschland nach Vietnam reist man in eine sechs Zeitzonen entfernte Gegend. Wer zum Beispiel 20 Einheiten Basalinsulineinheiten am Tag benötigt, muss daher diese Menge um ein Viertel reduzieren: ¼ von 20 Einheiten = 5 Einheiten. Statt 20 Einheiten benötigt man am Reisetag nach Vietnam folglich nur 15 Einheiten an Basalinsulin.

Achtung: Weniger Bewegung bei einem Langsteckenflug ändert unabhängig von der Richtung der Reise möglicherweise den Insulinbedarf und die Insulinsensitivität. Die Sensiviität ist bei jedem Menschen unterschiedlich, einige Betroffene erhöhen während eines Langstreckenflugs aus diesem Grund ihre Basalrate. Insulinpumpenträger*innen haben dabei den Vorteil, einfach einen temporär erhöhte Basalrate auf Knopfdruck einstellen zu können.

Anpassung am Zielort

Damit am Zielort der Urlaub möglichst schnell beginnen kann, sollte der Blutzucker ebenfalls von Anfang an normnah sein. Je nach Anzahl der Zeitzonen, die man übersprungen hat, kann man seine Therapie (für Insulinpumpenträger*innen: seine Insulinpumpe) einfach direkt auf die neue Uhrzeit vor Ort umstellen (bis ca. zwei, drei Stunden Unterschied).

Andernfalls kann man auch seine Basalrate durchgängig auf die jeweils niedrigste Einheit setzen und an den ersten Tagen Basalratentests durchführen, um sicherzugehen. Spritz- und Korrekturfaktoren bleiben in der Regel wie zuhause – ganz unabhängig davon, wo man sich während seines Urlaubs gerade aufhält und wie viele Zeitzonen man auf dem Weg dahin durchquert hat. Bei einem Urlaub, bei dem man körperlich deutlich aktiver ist (z.B. Wandern, Klettern, Skifahren, Schwimmen), sollten sowohl Basalraten als auch Korrekturfaktoren ggf. angepasst werden.

Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten mit ihrem behandelnden Diabetologen besprechen, wie sie die „gewonnene“ oder „verlorene“ Zeit überbrücken können und vor Ort die passende Therapie wählen. Ob weit entfernte Zeitzonen oder nähere Ziele, ob insulinpflichtiger Typ 1 oder Typ 2 Diabetes, der mit Tabletten behandelt wird: Für alle Methoden und Diabetestypen gilt es, an den ersten Urlaubstagen seinen Blutzucker ganz besonders aufmerksam im Blick behalten und lieber häufiger seinen aktuellen Wert messen!

Tipp: Eine praktische Methode für Insulinpumpenträger*innen, mit der man vor Ort direkt in den Urlaubsmodus wechseln kann: Unterwegs im Flugzeug von einer Zeitzone in eine andere alle zwei Stunden die Basalrate auf der Insulinpumpe in Richtung der Zielzeit verstellen, bis man die Uhrzeit im Zielland auf seiner Insulinpumpe schließlich erreicht hat und damit direkt aussteigt. Aber Vorsicht: Jeder reagiert auf eine Zeitumstellung unterschiedlich, letztlich muss man den für sich besten Weg herausfinden. Am besten bespricht man vor Abreise die verschiedenen Möglichkeiten mit seinem behandelnden Diabetologen bzw. seiner behandelnden Diabetologin.

 

Text: Susanne Löw, freie Journalistin