NutriScore & Co.

Für die Diabetesprävention: Die gesunde Wahl einfach machen

Einkaufswagen
© Alexas_Fotos - pixabay.com
Berlin

Laut Koalitionsvertrag soll Bundesernährungsministerin Julia Klöckner bis Sommer 2019 ein Modell für eine erweiterte Nährwertkennzeichnung vorne auf der Verpackung für verarbeitete und verpackte Lebensmittel in Deutschland empfehlen. Dieses Modell soll für Verbraucher leicht verständlich sein und auf einen Blick ermöglichen, den ernährungsphysiologischen Wert eines Lebensmittels einzuschätzen. „Verbraucher und insbesondere Patienten mit Diabetes sollten auf einen Blick erkennen können: Ist das Lebensmittel gut für mich?“, sagt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. In vielen europäischen Ländern setzt sich bereits der „NutriScore“ durch. Hier werden günstige und ungünstige Inhaltsstoffe pro 100 g mit Punkten bewertet und gegeneinander verrechnet. Heraus kommt eine Punktzahl („Score“), die mit Hilfe einer 5-Farb-Skala von dunkelgrün bis rot beziehungsweise den Buchstaben A-E das Lebensmittel klassifiziert. 

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Ein ganzer Gang voller Müslipackungen im Supermarkt, eine meterlange Tiefkühltruhe voll mit Pizzen – das ist die tägliche Optionsparalyse im Supermarkt. Vor lauter Auswahl verfällt der Verbraucher immer mehr in eine Entscheidungsstarre. Und wer will schon das Kleingedruckte hinten auf der Verpackung von zehn verschiedenen Joghurtsorten vergleichen?

„Die gesunde Wahl zur einfachen Wahl machen“ könnte helfen. „Die Frage, die uns Menschen mit Diabetes immer wieder stellen ist: Wenn ich Produkte vergleiche, wie erkenne ich das gesündere Produkt?“, sagt Dr. Jens Kröger, niedergelassener Diabetologe in Hamburg-Bergedorf. „Patienten wünschen sich ein Kennzeichnungsmodell vorne auf der Verpackung, dass ihnen am schnellsten und einfachsten das gesündere Produkt zeigt.“ 

Mit dem NutriScore 
… kommen die Verbraucher laut Verbrauchsstudien sehr gut zurecht: 92 Prozent verstehen auf Anhieb die Botschaft richtig, auch Personen mit wenig Bildung. 
… Der Einkauf fällt mit dem NutriScore um 9 Prozent gesünder aus 1.
… Der NutriScore wurde unternehmensunabhängig von unabhängigen Wissenschaftlern entwickelt und ist wissenschaftlich basiert. 
… Er beurteilt ein Lebensmittel ganzheitlich in einer Bewertung: Er wägt günstige gegen ungünstige Inhaltsstoffe ab. Positiv zu Buche schlagen: Obst, Gemüse, Nüsse, Ballaststoffe, Protein; negativ zählen Energie, gesättigte Fettsäuren, Gesamtzucker, Natrium (Salzbestandteil).
… Von allen gängigen Front-of-pack-Nährwertkennzeichnungsmodellen, die in Europa zulässig sind, hat er am besten abgeschnitten 1, 2. 
… Ein wesentlicher Aspekt: farbkodierte Systeme übertreffen alle anderen Kennzeichnungs¬systeme, weil sie so eingängig sind. 
… Der NutriScore ist außerdem ein starker Anreiz für Hersteller, ihre Rezepturen zu optimieren, damit sie eine gute Bewertung bekommen – das unterstützt eine gesundheitsfördernde Verbesserung der Rezepturen.

„Der NutriScore ist ein Angebot. Wer nach gesunden Lebensmitteln Ausschau halten will, bekommt hier die Informationen, die er/sie braucht. Wer kein Interesse daran hat, gesunde von ungesunden Lebensmitteln zu unterscheiden, kann trotzdem essen, was er/sie will. Eine Kennzeichnung lässt jedem die freie Wahl. Was der NutriScore nicht leisten kann, ist, auf einen Blick zu zeigen, ‚hier ist viel/wenig Zucker oder Fett drin‘. Dafür gibt es aber nach wie vor die Nährstofftabelle auf der Rückseite der Verpackung, hier ist zum Beispiel der Zucker pro 100 g angegeben in ‚Kohlenhydrate, davon Zucker‘ …“, erläutert Kröger.

Besonders leicht ist es, mit Hilfe des NutriScore innerhalb von wenigen Sekunden zu entscheiden, welches von mehreren gleichartigen Produkten das gesundheitlich beste ist. 

Zwei Beispiele:

NutriScore Beispiel "Pizza"
© Foodwatch
NutriScore Beispiel "Joghurt"
© Foodwatch

 

 

 

 

 

Neben dem Nutri-Score werden derzeit zwei andere Modelle diskutiert, zu denen es derzeit noch keine Verbrauchs- oder Einkaufsstudien gibt.

Das Modell der Lebensmittelindustrie verwendet bewusst keine „Ampelfarben“ um „noch neutraler“ zu sein und dem Verbraucher keine Kaufempfehlung („grün“) zu geben. Es besteht die Befürchtung, Produkte mit ungünstigem Nährwertprofil („rot“) zu „diskriminieren“ – hier wird erwartet, dass langfristig die Absatzzahlen sinken werden. „diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe ist hier für Klarheit. Verbraucher und Patienten wird es mit dieser Kennzeich¬nung nicht leicht gemacht: Man muss für fünf Einzelaspekte eine Beurteilung treffen: ist das viel oder wenig? Und dann eine Gesamteinschätzung des Produktes allein vornehmen. Das ist anstrengend und kompliziert!“, so Kröger. „Und warum muss die Ausweisung des Nährwertes „neutral“ sein? Das dient nur den Produzenten mit Produkten, die schlecht abschneiden würden. Verbraucher und Patienten wollen eine klare Gesundheitseinschätzung und Empfehlung. Wir wollen, dass ungünstige Produkte ein „rot“ bekommen. Vielleicht geben sich dann die Produzenten auch mehr Mühe, die Rezeptur gesünder zu gestalten, um ein „orange“ oder ein „gelb“ zu erhalten!“, argumentiert der Diabeteologe.

Der „Wegweiser Ernährung“, das Modell des Max-Rubner-Instituts (MRI) ist ein Mix aus anderen, bereits bestehenden Modellen. Farbig hervorgehoben sind hier besonders niedrige Gehalte an ungünstigen Inhaltsstoffen. „Uns erscheint das MRI-Modell zu verkopft – man wird einfach nicht schlau daraus“, beklagt Kröger. 

„Insgesamt favorisieren wir den NutriScore. Langfristig sollte der NutriScore auf Europäischer Ebene ausgerollt werden – viele europäische Länder signalisieren ja bereits Zustimmung“, so Kröger.

NutriScore im Vergleich

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

  1. https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/p…
  2. Europäische Bürgerinitiative pro NutriScore: https://eci.ec.europa.eu/009/public/#/initiative