Diabetes im Berufsalltag

Beim Essen arbeiten

„Das muss ja nicht gleich jeder wissen!“ denkt mancher Diabetiker und hält seine Erkrankung vor Freunden und Arbeitskollegen geheim. Doch Sie müssen sich wegen Ihres Diabetes nicht schämen. Wer offen und selbstbewusst mit seiner Krankheit umgeht, hat es oft leichter.

Peter F., 58 Jahre, kehrt nach längerer Krankheit an seinen Arbeitsplatz als Versicherungskaufmann zurück. Seine Kollegen wissen, dass er wegen einer Lungenentzündung eine Zeitlang im Krankenhaus gewesen ist. Was sie nicht wissen: Bei diesem Klinikaufenthalt ist bei Peter F. auch Diabetes entdeckt worden, an dem er - unbemerkt - vermutlich schon einige Jahre gelitten hat. Peter F. nimmt nun Tabletten ein und hat seine Ernährung radikal umgestellt. Aber das muss ja nicht gleich jeder wissen!

Apfel statt Bratwurst

Schon am ersten Tag beginnen die Probleme. Peter geht nun nicht mehr mit seinen Kollegen in die Betriebskantine, sondern hat sich ein gesundes Mittagessen von zu Hause mitgebracht. Und wenn die anderen nach der Arbeit noch in die Kneipe um die Ecke gehen, nippt Peter an einem Mineralwasser. Nach wenigen Wochen tuscheln die Kollegen darüber, dass Peter F. in den letzten Wochen sonderbar geworden sei. Erst als dieser sich ein Herz nimmt und von seiner Krankheit erzählt, löst sich das Rätsel. Peter F. nimmt sein Vesper mit in die Kantine - und wenn einer der Kollegen zum Geburtstag eine Flasche Sekt aufmacht, trinkt Peter mit, aber nur ein halbes Glas.

Diabetes und Beruf - kein Widerspruch

Wenn die Krankheit entdeckt wird, sind viele Typ-2-Diabetiker in einem Alter, in dem sie noch im Berufsleben stehen. Und fast alle können auch weiterhin berufstätig bleiben. Nur sehr selten ist eine Versetzung oder eine Umschulung erforderlich. Wenn Sie beispielsweise Insulin spritzen und häufig an Unterzuckerung leiden, sollten Sie keinen Beruf ausüben, bei dem Sie sich selbst oder andere gefährden können, z.B. als Bauarbeiter, Dachdecker, Bus- oder Taxifahrer. In diesem Fall sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber über Ihre Erkrankung sprechen und sich eventuell von unabhängigen Stellen beraten lassen, z.B. von Ihrem Arzt oder Mitarbeitern des Deutschen Diabetiker-Bundes.

Auf jeden Fall ist es empfehlenswert, Arbeitgeber und Kollegen über Ihre Krankheit zu informieren. Ein Verheimlichen, wie bei Peter F., kann zu Missverständnissen führen. Wenn Ihre Kollegen von Ihrem Diabetes wissen, können Sie besser verstehen, warum Sie ein Glas Bier ablehnen oder plötzlich eine Zwischenmahlzeit einnehmen müssen. Auch für eventuelle Notfälle sollten Ihre Kollegen Bescheid wissen. Wenn Sie gelegentlich unter Unterzucker leiden, könnten Sie beispielsweise Ihre Kollegen über die Symptome informieren und darauf hinweisen, dass Sie für solche Fälle immer eine Packung Traubenzucker in der Schreibtischschublade haben. Mitleid oder übertriebene Hilfsbereitschaft sollten Sie allerdings von sich weisen. Sie sind als Diabetiker ebenso leistungsfähig wie Ihre Kollegen.

Folgeerkrankungen und ihre Auswirkungen auf den Beruf

Leiden Sie an einem fortgeschrittenen Diabetes, kann es manchmal schwierig werden, dem Beruf nachzugehen. Insbesondere Folgeerkrankungen wie die Diabetische Retinopathie - eine Netzhauterkrankung, die zur Erblindung führen kann - oder eine dialysepflichtige Nierenerkrankung erschweren eine berufliche Tätigkeit. Wenn Diabetiker an mehreren schwerwiegenden Folgeerkrankungen leiden, fühlen sie sich oft in ihrem Alltag eingeschränkt und „behindert“. Aufgrund des Schwerbehindertengesetzes können sie einen Schwerbehindertenausweis erhalten. Der Grad der Behinderung (GdB) wird dabei vom Amtsarzt festgelegt. Abhängig vom Grad der Behinderung hat man ein Recht auf soziale, steuerliche oder arbeitsrechtliche Vergünstigungen. Wichtig ist jedoch: Behinderte dürfen nicht diskriminiert werden. Das ist seit 1994 auch im Grundgesetz festgeschrieben: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Dennoch stoßen behinderte Menschen oft auf Vorurteile. Deshalb kann eine Anerkennung als Behinderter mit Schwerbehindertenausweis auch mit Nachteilen verbunden sein. Jeder sollte, abhängig von seiner persönlichen Lebensplanung und der Art seiner Einschränkung, selbst entscheiden, ob er sich nach dem Schwerbehindertengesetz als Behinderter anerkennen lassen will.