Sinnvolle Therapieziele für ältere Diabetiker

Diabetes im Alter
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Zwei von drei Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus sind über 60 Jahre alt. Auch bei ihnen kann eine Diabeteserkrankung das Leben verkürzen. Die Blutzuckerkontrolle bleibt deshalb ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Sie muss aber Rücksicht auf das Alter der Patienten nehmen, fordern diabetesDE und die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG). Wie ältere Patienten gut versorgt werden können, erläutert Dr. med. Ann-Kathrin Meyer, Hamburg, in einem Übersichtsartikel der Fachzeitschrift „Diabetologie und Stoffwechsel“.

Jüngeren Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 raten die Ärzte heute dazu, einen normalen Blutzucker anzustreben. Der Langzeitwert HbA1c sollte 6,5 Prozent nicht überschreiten. Ein Teil der Typ-2-Diabetiker erreicht dies mit einer gesunden Lebensweise, ein anderer benötigt blutzuckersenkende Tabletten. Nicht selten Ist das Spritzen von Insulin notwendig. Ist bei älteren Menschen ein idealer HbA1c-Wert nur noch unter Einsatz mehrerer Mittel zu erreichen, können die Nachteile möglicher Nebenwirkungen die Vorteile der Blutzuckersenkung überwiegen. diabetesDE und DDG raten in solchen Fällen dazu, das Therapieziel entsprechend anzupassen und einen höheren HbA1c-Wert zu tolerieren.

Diese Empfehlungen basieren auf einer im letzten Jahr publizierten US-Studie mit über 10 000 Typ-2-Diabetikern (ACCORD-Studie). Die im Durchschnitt 62 Jahre alten Teilnehmer hatten zu Beginn HBA1c-Werte von über acht Prozent, ein aus Sicht der DDG unakzeptabler Wert. Die Hälfte der Patienten strebte in der Studie einen HbA1c von 7,0 bis 7,9 Prozent an, ein für Senioren realistisches Ziel, das die meisten Teilnehmer der Studie unter Einsatz von einem oder zwei Antidiabetika erreichten. Einige spritzten zusätzlich Insulin.

In der zweiten Gruppe sollten die Diabetiker den HbA1c-Wert auf unter sechs Prozent senken. Erlaubt war der Einsatz aller verfügbaren Antidiabetika. Die Mehrzahl der Teilnehmer nahm im folgenden Jahr drei bis fünf Medikamente ein. Doch das Ziel wurde nicht vollständig erreicht. Am Ende lag der HbA1c im Durchschnitt bei 6,4 Prozent und damit signifikant besser als der der Kontrollgruppe. Die Studie wurde jedoch  abgebrochen, weil es unter der aggressiven Blutzuckersenkung zu mehr Todesfällen gekommen war.

Die Gründe sehen Experten in der höheren Rate von lebensgefährlichen Unterzuckerungen und der deutlichen Gewichtszunahme vieler Patienten. Außerdem könnte die gleichzeitige Einnahme vieler Medikamente schaden: Gerade bei alten Menschen steigt dann die Gefahr, dass Nebenwirkungen oder auch Wechselwirkungen unter den einzelnen Wirkstoffen nicht mehr kontrolliert werden können. Schon bei einzelnen Medikamenten kann die Dosierung wegen der nachlassenden Nierenleistung schwierig werden. Vielen älteren Menschen fällt es schwer, komplexe Pillenpläne einzuhalten. Hinzu kommt die im Alter oft einseitige und eingeschränkte Ernährung, die die Aufnahme der Wirkstoffe im Darm beeinflusst.

Viele hochbetagte Patienten sind nicht mehr in der Lage sich körperlich zu betätigen, was sich günstig auf den Blutzucker auswirken würde. Und die bedarfsabhängige Insulinbehandlung bereitet Senioren mitunter Schwierigkeiten. Alle diese Faktoren müssen die Ärzte bei der Betreuung von betagten Typ-2-Diabetetikern beachten. Das bedeutet aber nicht, dass alte Menschen keine günstigen HBA1c-Werte erreichen können. In einer weiteren Studie (ADVANCE) gelang es den Teilnehmern, unter einer umsichtigen Therapie den HBA1c-Wert auf 6,5 Prozent zu senken, ohne dass es zu vermehrten Komplikationen kam. Dort hatten die Ärzte auf bewährte Medikamente gesetzt und es war gelungen das Körpergewicht stabil zu halten und andere Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Das Ergebnis war eine geringere Rate von Diabetesschäden an der Niere als in einer Vergleichsgruppe mit höheren HbA1c-Werten.

Quelle: Meyer, A.-K.: Diabetes im Alter, Diabetologie und Stoffwechsel 2009; 4: 238-246, DOI 10.1055/s-0029-1224525

 

Alte Menschen mit Stock
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Worauf sollte man achten, wenn man als Diabetiker in ein Heim zieht?

Ein Diabetes allein ist kein Grund ins Altenheim zu ziehen. Wer die Behandlung nicht mehr alleine durchführen kann, hat auch die Möglichkeit einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch zu nehmen. Wenn Menschen mit Diabetes ins Heim ziehen, sollten Sie auf folgendes achten:

  • Werden Ärzte und Pflegekräfte regelmäßig geschult?
  • Achten Diätköche auf eine angemessene Ernährung?
  • Sind die Pflegekräfte mit Blutzuckermessgeräten vertraut?
  • Gibt es ein Programm zur Verhütung von Folgeschäden?
  • Wird auf Umstände geachtet, die die Stoffwechsellage verschlechtern können, wie Ernährungsfehler, Medikamente, mangelnde Bewegung, Austrocknung infolge mangelnder Flüssigkeitszufuhr, Herzschwäche oder vergessene Injektionen?
  • Wird bei verwirrten Menschen auf Hypoglykämien geachtet?
  • Werden Personen, die schon länger Diabetes haben, bei ihrer Selbstbehandlung unterstützt?

© TRIAS, Mall und Weger: "Diabetes - Ein rechtlicher und sozialer Ratgeber"

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