Am 25. Februar 2021 findet der Experten-Chat zum Thema "Bluthochdruck, Herzinfarkt & Co.: Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und behandeln" mit Professor Stephan Jacob statt. Er beantwortet Ihre Fragen live am Donnerstag zwischen 17:00 und 19:00 Uhr.

Prof. Dr. med. Stephan Jacob
Brombeerweg 6
78048 Villingen-Schwenningen
Deutschland
Protokoll der Sprechstunde
Betreff: Diabetes Typ 1, Bluthochdruck und Herzschwäche
FrageSehr geehrter Herr Prof. Jacob, ich bin fast 80 Jahre alt und habe seit 60 Jahren einen Typ 1 Diabetes. Meine Diabetestherapie mit Insulinpumpe und FGM läuft relativ gut. Im Laufe der Zeit kamen aber erhöhter Blutdruck, Herzschwäche ( 1 Notfall: Vorhofflimmern, Herzrhytmusstörungen, Puls bis 140 ) und grenzwertige Cholesterinwerte hinzu. Meine derzeitige Therapie: Fosino Teva 10 mg 1 - 0 - 1 Metoprololsuccinat 95 mg 0,5 - 0 - 05 Lixiana 60 mg 1 - 0 - 0 Pravastin 40 mg 0 - 0 - 1 Meine Frage wäre, ist diese Therapie auch unter Beachtung meines relativ hohen Alters noch angemessen? Ich möchte auch nicht mehr, als unbedingt notwendig, Medikamente einnehmen. Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Mit freundlichen Grüßen Hans - J. S.
AntwortHallo Herr S.
Herzlichen Glückwunsch, dass Sie 60 Jahre so toll Ihren Typ 1 Diabetes im Griff hatten, das war vor allen Dingen damals, vor 50-60 Jahren eine extreme Leistung …auch Ihrer Eltern...
Nun, ich denke die Therapie, die Sie zur Zeit erhalten, ist eine Gute und die Standardtherapie bei Menschen mit Herzschwäche und Vorhofflimmern.
Da ich aber weder Ihre Blutdruckwerte, noch Ihre Herzfunktion genau beurteilen kann, kann ich Ihre Einstellung nicht bewerten.
Wichtig für SIE ist vor allen Dingen: diese Medikation ist sicher, und soll Ihnen ja eine weitere Verschlechterung und weitere Notfälle nzw. Krankenhausaufenthalte verhindern.Daher denke ich, dass es zum Erhalt der Lebensqualität in der Tat sinnvoll ist, diese Tabletten weiter zunehmen.
Menschen mit so langer Diabetesdauer haben oft auch eine Herzmuskelschwäche, die die Herzspezialisten mit ihren Medikamenten behandeln können und so Ihnen als Patient mehr Lebensqualität erlauben.
Daher meine Bitte, besprechen Sie die Frage, ob gegebenenfalls Ihre Medikamente reduziert werden können, mit den Ärzten, die Sie behandeln und am besten kennen.
Herzlichen Gruß
Ihr S JacobBetreff: Diagnosen
FrageHallo Herr Prof.Dr., als Diabetiker Typ2 und dann auch nich mit einer diabetischen Polyneuropathie ist es verdammt schwer, bei fach.- und hausärzten eine gesundheitliche beschwerde zu besprechen, es werden nur ausschlussdiagnosen erstellt, eine weitere behandlung ist nahezu , ohne das man selber weitere untersuchen anstrebt, mit den worten, "das liegt wohl am diabetes" abgetan, warum wird eine folgeerkrankung durch diabetes so schwer diagnostiziert oder behandelt. Vielen Dank.
AntwortHallo Herr S.,
Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass wir als Ärzte versuchen, bei gesundheitlichen Beschwerden die Ursachen zu finden. Leider ist dies bei ganz vielen Bereichen nicht so einfach, da wir nicht durch einen einfachen Laborwert auf die Diagnose kommen, wie z.b. bei der Diagnose des Diabetes durch einen HbA1c wert …
weiterhin ist es oft so, dass wir auch „diffuse“ =unklare Beschwerden haben, die schwer zu beschreiben sind, wie z.b. bei der Polyneuropathie, die wir auch nicht genau messen können.
Es gibt bei der Polyneuropathie schon ein paar Untersuchungsmöglichkeiten, z.b. die Stimmgabel, oder „warm –kalt“ Unterscheidung und auch die „spitz /stumpf“ Unterscheidung oder auch die Reflexe, diese alle können aber relativ schwer die von IHNEN empfundenen Schmerzen, Stiche, das Ameisenlaufen wirklich objektiv erfassen.
Auch für uns Ärzte wäre es in vielerlei Hinsicht einfacher, Beschwerden durch ein Ultraschall-Bild, durch einen Funktionstest oder durch einen Laborwert genau beurteilen zu können, auch wie stark z.b. die Beeinträchtigung ist.
Das alles macht es auch - gerade im Bereich der Polyneuropathie - leider schwierig, dass wir auch die Therapieerfolge in wissenschaftlichen Untersuchungen genau messen können…
Herzlichen Gruß
Ihr S JacobBetreff: Herzkrankheiten und Tod
FrageHallo Prof. Jacob, ich bin Anfang 50 und habe seit drei Jahren Diabetes Typ 2. Noch muss ich "nur" Metformin nehmen und auf meine Ernährung achten. Anfangs fand ich es nicht so schlimm, denn in meinem Umfeld gibt es mehrere Bekannte, die selbst betroffen sind oder Verwandte mit Diabetes haben. Einige kümmern sich auch gar nicht groß drum und leben wie vorher, gibt ja Tabletten. Ich lese viel und je mehr ich über Diabetes lerne, desto größer werden die Sorgen. Die meisten mit Diabetes sterben irgendwann an Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichen Herztod stimmt das wirklich? An irgendwas muss man sterben, aber kann man so etwas vorbeugen? MfG Suse J.
AntwortHallo Susanne,
im Grunde genommen haben Sie sehr recht, der Typ 2-Diabetes ist - wenn er nicht ernstgenommen und beachtet wird - schon eine ganz gefährliche Erkrankung, die oft mit Herz und Gefäßproblemen einhergeht. Dabei gilt aber zu bedenken, dass es nicht alleine der Zucker ist, der die Gefäße schädigt.Aus diesem Grund reden wir gerne von dem sogenannten „metabolischen Syndrom": dieses sogenannte Stoffwechselsyndrom finden wir nämlich sehr häufig bei den Menschen mit Diabetes: Neben dem erhöhten Zucker zeigen sich erhöhte Blutfettwerte, erhöhter Blutdruck, und ein deutlich erhöhtes Körpergewicht insbesondere im Bauch sehr viel Fett. Dieses Bauchfett ist auch hauptverantwortlich für die eben beschriebenen Risikofaktoren.
All diese Faktoren begünstigen letztendlich die Entwicklung der Verkalkung (=Arteriosklerose). Viele dieser Menschen bewegen sich zu wenig, was die Gewichtszunahme auch fördert, häufig beginnt dann ein Teufelskreislauf: sich weniger bewegen, mehr sitzen und oft auch falsches Essen.
Weil das alles, also die ganzen Risikofaktoren, nicht richtig wehtun, werden sie von den Patienten nicht ernst genommen. Und warum soll ich meinen Lebensstil umstellen oder Medikamente nehmen, wenn mir doch nichts fehlt?
Andererseits ist es auch unsere ärztliche Aufgabe, dass wir darauf achten, dass nicht nur der Blutzucker gut eingestellt ist, sondern auch Blutdruck und Blutfettwerte.
Am sinnvollsten ist natürlich ein vernünftiger Lebensstil mit ausreichend Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung; z.B. einer ballaststoffreichen und fettmodifizierten Kost.
Besonders das Nichtrauchen ist extrem schützend!
Wenn Sie als Diabetikerin all diese Faktoren, Zucker, Blutdruck, Fettstoffwechsel und gesunden Lebensstil beherzigen, dann haben Sie eine genauso gute Lebenserwartung wie eine „Nicht-DiabetikerIn“, dies hat gerade eine große Studie in Schweden gezeigt.
Also - nicht verzagen - dran bleiben und dafür sorgen, dass alle diese besprochenen Risikofaktoren gut kontrolliert sind.
Das kann natürlich auch bedeuten, dass Sie im Verlauf der Jahre verschiedene Tabletten nehmen müssen.
Alles Gute und viel Erfolg!
Herzlichen Gruß! Ihr S. Jacob
Betreff: Kurzatmitgkeit
FrageGuten Tag Herr Prof., meine 70-jährige Mutter hat seit 10 Jahren Diabetes 2 und hohen Blutdruck. Seit einigen Wochen kommt sie beim Treppensteigen schnell außer Atem, dabei wohnen wir nur im ersten Stock. Kann das schon Herzschwäche sein? Auch beim Gehen ist sie schneller außer Atem und schwitzt. Danke! Janina
AntwortHallo Janina,
in der Tat haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass Menschen mit Diabetes und Hochdruck relativ häufig und leider oft unerkannt eine leichte Form von Herzschwäche haben, die sich als Luftnot und schnellere Ermüdung zeigen.
Da dibt es mittlerweile sehr gute Möglichkeiten für die Diagnostik, andererseits natürlich auch für die Therapie.
Die sollte aber zusammen mit den behandelnden Arzt abgeklärt werden. Wie Sie das schildern, klingt es in der Tat danach, dass man mal nach dem Herzen schauen muss: Häufig meinen die Betroffenen, dass man Luftnot kriegt, weil man nicht mehr so trainiert ist. Das kann ja auch mit Schuld sein, aber: Eine neu aufgetretene Luftnot bei relativ geringer Belastung sollte abgeklärt werden .
Herzlichen Gruß! Ihr S. JacobBetreff: TIA und Demenz
Frageich melde mich wegen meinem Vater. Er hat schon ganz lange Diabetes 2 und ist jetzt fast 81. Laut Arzt hatte er vor kurzem "TIA", was ist das genau? Es hat mit Schlaganfall zu tun? Der Arzt sagte auch was von anfangender vaskulährer Demenz. Treppen steigen und gehen macht Probleme. Auf was müssen wir uns jetzt einstellen? Er wohnt bei meiner Schwester, die sich kümmert, der Pflegdienst kommt schon regelmäßig.
gruß,
Udo W.
AntwortHallo Udo,
Sie sprechen etwas an, was wir häufig sehen: Menschen mit Diabetes haben häufiger Durchblutungsstörungen im Gehirn, sei es einen Schlaganfall oder aber kurzfristige Durchblutungsstörungen, die wir „TIA“ nennen (=transitorische ischämische Attacken). Diese können kurzfristig Beschwerden machen und dann aber wieder erscheinungsfrei sein.
Je nachdem, wo die Durchblutungsstörung ist, gibt es eine Lähmung, Wortfindungsstörungen, Schwindel oder halt auch Gedächtnisstörungen. Hat jemand mehrere und viele Durchblutungsstörungen in den verschiedenen Regionen des Gehirns gehabt, dann zeigen sich typische Veränderungen im „Kernspin“, die wir als „vaskuläre Enzephalopathie“ (=gefäßbedingte Gehirnstörung) bezeichnen: Das bedeutet, dass es - aufgrund der häufigen kurzen Durchblutungsstörungen - zu nachweisbaren Veränderungen gekommen sind. Als Angehöriger nehmen Sie das wahr bei zunehmender Vergesslichkeit (insbesondere beim Kurzzeitgedächtnis), es kann aber manchmal auch in Verwirrtheit oder sogar auch Aggression sich äußern.
Ein großes Problem ist weiterhin, dass wir bei manchen Menschen mit Diabetes immer wieder auch Unterzuckerungen haben, vor allen Dingen, wenn der Blutzucker zu streng eingestellt ist oder der Betroffene zu viel Insulin gespritzt hat oder zu wenig gegessen hat. Auch wenn er seine Tabletten genommen hat (z.b. Sulfonylharnstoff), aber nicht genug Kohlenhydrate gegessen hat.
Unterzuckerungen machen für Au?enstehende manchmal ein Bild wie Durchblutungsstörungen, andererseits führen sie langfristig auch zu der Entwicklung einer Demenz, wie Studien zeigen.
Zusammengefasst: Ja, Durchblutungsstörungen und Diabetes hängen auch im Gehirn eng zusammen, diese werden dann oft noch verstärkt, weil viele Menschen mit Diabetes auch einen langjährigen hohen Blutdruck haben, der nicht immer gut eingestellt war. Dies alles resultiert dann oft in den Durchblutungsstörungen im Gehirn, die wir als vaskuläre Enzephalopathie bezeichnen.
Bei Ihrem Vater sollte man darauf achten, dass nicht weitere Blutzuckerschwankungen nach unten auftreten, und dass der Blutdruck gut kontrolliert ist, aber auch nicht zu tief eingestellt ist.
Herzlichen Gruß! Ihr S. JacobBetreff: Frage zu Macumar
FrageHallo herr Professor Jacob, mein Arzt hat mir vor kurzem Marcumar verschrieben, weil ich ein Risiko für Blutgerinnsel habe. Eine Freundin von mir ist entsetzt deshalb. Marcumar wäre gefährlich, das könnte Blutungen geben. Ich soll das bloß nicht nehmen... Ich bin verunsichert, gibt es vielleicht bessere oder neure Medikamente? Schönen Abend, Hanne N.
AntwortHallo Hanne,
Gerinselbildungen können lebensgefährlich sein. Marcumar hat eine segensreiche Wirkung, wenn es bei dem richtigen Patienten und zur richtigen Zeit eingesetzt wird. Da ich natürlich jetzt zu wenig von Ihrer persönlichen Anamnese weiß, kann ich nicht beurteilen, was bei Ihnen die Indikation, der Grund für die Verordnung von Marcumar ist.
Es gilt immer, ein Nutzen–Risiko Kalkulation zu machen, wenn man das mal so nennen darf.
Gefahren einer NICHT-Behandlung sind vor allen Dingen, dass durch ein Gerinnsel in den BEINEN (Venen) eine Lungenembolie passieren kann und die kann tödlich sein. Es kann aber auch zu einem Schlaganfall führen, dann wenn dieses Gerinnsel im Herzen ist.
Daher ist die Behandlung mit Blutverdünnern segensreich und heutzutage eine große Routine. Durchaus gibt es neuere Medikamente - die sogenannten NOAKs - als Alternativen zu Marcumar.
Aber das wird Ihnen Ihr behandelnder Hausarzt oder Kardiologe genau erklären, warum welches Medikament für Sie geeignet ist
Denken Sie IMMER auch an die „NEBEN-Wirkung", eine NICHT-BEHANDLUNG, d.h. das Risiko, wenn sich ein Gerinnsel bildet.
Alles Gute!
Herzlichen Gruß! Ihr S. Jacob
Betreff: Mehr bewegen
FrageSehr geherter Herr Prof. Jacob, für Blutzuckersenkung und Herz-Kreis-Lauf soll ich mich mehr bewegen. Mein Hausarzt hat mir ein auf Gesundheit und Reha speziliaisertes Fitnesstudio empfohlen, aber wegen Corona hat das zu. Was kann ich machen, bei Fahradfahren draußen hat meine Frau Angst, daß ich falle. Schwimmbäder haben auch zu. Bringt spazierengehen was, mir fehlen Möglichkeiten, bin auch nicht mehr der jüngste. MfG DieterB.
AntwortHallo Dieter,
Corona bedingt sind ja die Fitnessstudios auch geschlossen. Eine Möglichkeit für Sie könnte sein, dass Sie zu Hause mit einem einfachen Stand-Fahrrad, also einem „Ergometer“ trainieren. Das muss KEIN TEURES GERÄT sein, es soll nur stabil stehen. Damit sind Sie auch wetterunabhängig und bei einem guten Stand-Fahrrad auch sicher.
Andere Möglichkeiten zur Bewegung ist das Spazierengehen, wenn möglich auch etwas zügiger laufen. Wenn Sie mehr Muskelgruppen einsetzen wollen, dann ist auch das „Nordic Walking“ - also das Laufen mit Stöcken zu empfehlen.
Nun wird es ja - Gott sei Dank - auch wieder wärmer, so dass man auch ohne große Sorge vor einer Erkältung die Bewegung draußen in der Sonne genießen kann!
Dann tut dies auch der Seele und der Stimmung gut !
Herzlichen Gruß! Ihr S. Jacob
Betreff: Herzrhytmusstörungen
FrageHallo herr Professor Jacob, warum können bestimmte Herzrythmus-Störungen oder Herzschwächen Schlaganfälle oder Lungenembolien verursachen? Verstopfen dabei nicht Gefäße? Viele Grüße, Michael
AntwortHallo Michael,
wenn das Herz nicht richtig schlägt, also Rhythmusstörungen hat und daher das Blut nicht koordiniert im Fluss ist und bewegt wird, gibt es in bestimmten Regionen des Herzens Bereiche, in denen das Blut nicht ständig in Bewegung ist. Genau dort können sich dann die Gerinnsel bilden. Diese können dann in die Gesamtgefäßbahn „rausgeschossen“ werden und so z.b. einen Schlaganfall verursachen.
Bei der Herzschwäche kann das Gleiche dadurch passieren, dass auch da bei nicht vollständiger Leerung des Herzens (z.B. wegen verringerter Auswurfkraft) auch Blut ins Stocken kommt und sich dort ein Gerinnsel bildet (was aber seltener als bei Rhythmusstörungen ist).
Wenn ein Gerinnsel dagegen aus einer Beinvene kommt, sich löst und mit dem Blut in die Lunge transportiert wird, kann das Gerinnsel die Lungenarterie verstopfen und dadurch eine Lungenembolie verursachen, das kann tödlich sein. Das Hauptproblem ist daher also, wenn sich so ein Gerinnsel löst weiter transportiert wird.
Herzlichen Gruß! Ihr S. Jacob