Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel

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Expertenchat mit Prof. Dr. med. Karsten Müssig

Am 20. Mai 2021 findet der Experten-Chat zum Thema "Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel" mit Professor Dr. med. Karsten Müssig statt. Er beantwortet Ihre Fragen live am Donnerstag zwischen 17:00 und 19:00 Uhr.

Prof. Dr. med. Karsten Müssig

Prof. Dr. med. Karsten Müssig

Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Franziskus-Hospital Harderberg der Niels-Stensen-Kliniken

Alte Rothenfelder Str. 23
49124 Georgsmarienhütte
Deutschland

Protokoll der Sprechstunde

  • Betreff: Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel

    Frage

    Meine Mutter hat Diabetes und 6 kg Übergewicht Sie hat extrem Gelüste auf Kuchen und Nüsse (Erdnüsse) Sie spritzt nicht ist auf Tabletten eingestellt Isst viel zwischendurch Gibt Es Nahrungsergänzungsmittel um die Gelüste in Griff zu bekommen? Mit freundlichen Grüßen M. K.

    Antwort

    Liebe Frau K.,

    ein Nahrungsergänzungsmittel, das hilft, die beschriebenen Gelüste in den Griff zu bekommen, gibt es nicht. Es gibt jedoch eine Reihe von natürlichen Appetitzüglern. Dazu zählt beispielsweise bei Heißhunger auf Süßes ein Apfel, der aufgrund seiner Ballaststoffe sättigt und den Blutzucker nur langsam ansteigen lässt. Auch Nüsse oder Mandeln sättigen aufgrund ihres hohen Gehaltes an Eiweißen und Ballaststoffen und enthalten zudem sehr günstige Fette. Wichtig bei ihrem Genuss ist nur, dass sie nicht gesalzen sein sollten. Auch Ingwer und Pfefferminze hemmen den Appetit auf Süßes wie auch Herzhaftes und können z.B. in Form von Tees oder auch eines Pfefferminzkaugummis zu sich genommen werden.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Vitamin B12

    Frage

    Hallo Herr Professor Müssig! Ich bin 23 Jahre alt und habe Typ-1-Diabetes. Mein Arzt hat nun einen Vitamin-B-12-Mangel bei mir festegestellt. Ich soll Spritzen bekommen, um das Depot wieder aufzufüllen. Gibt es dafür nich auch Tabletten? Ich esse regelmäßig Fleisch und kann mir nicht erklären, warum ich einen Mangel habe. Welche Gründe könnte es dafür geben und ist mein Diabetes dafür verantwortlich? Vielen Dank für Ihre Antwort. MfG, Alina S.

    Antwort

    Liebe Frau S.,

    in der Tat kann ein Vitamin B12-Mangel Folge einer streng veganen oder vegetarischen Ernährung sein. Auch Erkrankungen des Magens, wie eine chronische atrophische Magenschleimhautentzündung, sowie eine Magenentfernung können zu einem Vitamin B12-Mangel führen. Grund dafür ist die fehlende Bildung von Intrinsic Factor, einem Eiweiß, das für die Aufnahme von Vitamin B12 im Darm erforderlich ist. Die Aufnahme von Vitamin B12 kann auch durch Erkrankungen des Darms, wie etwa chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Zöliakie, die mit Typ-1-Diabetes einhergehen können, oder eine Entfernung bestimmter Darmabschnitte gestört sein. Auch können Medikamente einen Vitamin B12-Mangel begünstigen. Dazu gehören beispielsweise Pantoprazol und Metformin. Deshalb sollten Diabetespatienten, die mit Metformin behandelt werden, einmal im Jahr eine Bestimmung von Vitamin B12 vornehmen lassen. Auch kann die langfristige Einnahme eines Kontrazeptivums („Pille“) zu einer Verringerung des Vitamin-B12-Serumspiegels führen.
    Vitamin B12 kann auch in Tablettenform eingenommen werden. Abhängig von dem Ausmaß des Mangels sind täglich 1-2 Tabletten Cyanocobalamin 1000 µg einzunehmen.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Vitamine bei Diabetes

    Frage

    Sehr geehrter Herr Müssig, mein 74-jähriger Vater hat seit etwa fünf Jahren Diabetes 2. Da er alleine wohnt, isst er häufig nur Brot, Kartoffel und sehr einfache Gerichte. Gemüse und Obst nimmt er nur gelegentlich zu sich. Ich versuche so oft wie möglich für ihn zu kochen (möglichst gesund mit Gemüse), aber öfter als ein bis zwei Mal die Woche klappt es leider nicht. Sollte er als Diabetiker bestimmte Vitamine in Form von Tabletten zu sich nehmen? Bisher hat er keine Folgeerkrankungen vom Zucker, aber das kann ja leider noch kommen. Grüße, Martina

    Antwort

    Sehr geehrte Frau H.,

    entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung umfasst eine ausgewogene Ernährung mindestens 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst am Tag. Vielleicht gelingt es Ihnen ja, durch eine entsprechende Auswahl und unter Berücksichtigung der Vorlieben Ihres Vaters sich diesen Empfehlungen zumindest anzunähern.
    Das häufig zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzte Metformin kann zu einem Mangel an Vitamin B12 und Folsäure führen. Deshalb sollten Diabetespatienten, die mit Metformin behandelt werden, einmal im Jahr eine Bestimmung von Vitamin B12 und Folsäure vornehmen lassen. Sollte ein Mangel festgestellt werden, ist dieser durch die Gabe des entsprechenden Vitamins auszugleichen.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel

    Frage

    Ich habe gelesen, dass bei Diabeteikern Empfindungsstörungen wie taube Hände durch Vitaminmangel auftreten können. Ist das so und wie beuge ich dem vor? 

    Gruß Bernhard

    Antwort

    Lieber Herr F.,

    ein Mangel an Vitaminen, wie vor allem Vitamin B12 und Folsäure, kann tatsächlich das Auftreten einer diabetischen Neuropathie (Nervenerkrankung) begünstigen, die sich durch Missempfindungen und Taubheitsgefühl äußern kann. Das häufig zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzte Metformin kann zu einem Mangel an Vitamin B12 und Folsäure führen. Deshalb sollten Diabetespatienten, die mit Metformin behandelt werden, einmal im Jahr eine Bestimmung von Vitamin B12 und Folsäure vornehmen lassen. 
    Dem Mangel an Vitamin B12 und Folsäure beugen Sie durch eine ausgewogene Ernährung vor. 

    Folsäure ist vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln zu finden. Deshalb sollten Sie reichlich Gemüse zu sich nehmen. Da Vitamin B12 nur über tierische Produkte, wie Fleisch, Eier und Milch, in ausreichenden Mengen zugeführt werden kann, sollten Sie, für den Fall, dass sich streng vegan oder vegetarisch ernähren, Vitamin B12 substituieren. Für den Fall, dass Sie Fleisch essen, sollten Sie entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht mehr als 300 bis 600 g Fleisch pro Woche essen.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Zimt

    Frage

    ich habe gelesen, dass Zimt den Blutzuckerspiegel senken kann. Stimmt das? Online habe ich verschieden Präparate gefunden, zum Beispiel dieses hier: Blutzucker Balance Presslinge jetzt bestellen | Bärbel Drexel (baerbel-drexel.de) Sollte ich soetwas zu mir nehmen? Oder reicht es, wenn ich einen Teelöffel Zimt in mein Frühstück mische? Grüße, Sabine M.

    Antwort

    Liebe Frau M.,

    die blutzuckersenkende Wirkung von Zimt konnte in Studien nicht eindeutig belegt werden. Aus diesem Grunde wird die Einnahme von Zimt mit dem Ziel, den Blutzucker zu senken, von nationalen und internationalen Diabetes-Fachgesellschaften nicht empfohlen. Zu bedenken ist zudem, dass pflanzliche Produkte wie Zimt nicht standardisiert sind und deshalb hinsichtlich der Wirkstoffkonzentration erheblich variieren können und möglicherweise zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten führen können.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel

    Frage

    Sehr geehrter Herr Professor Müssig, 

    viele Nahrungsergänzungsmittel gibt es ja auch in der Drogerie zu kaufen. Gibt es einen Unterschied zu denen aus der Apotheke? Ist beispielsweise die Qualität schlechter? Mir geht es konkret um Magnesium und Zink. 

    Mit freundlichen Grüßen

    Sonja

    Antwort

    Sehr geehrte Frau F.,

    Nahrungsergänzungsmittel unterliegen den gesetzlichen Bestimmungen von Lebensmitteln und benötigen keine Zulassung hinsichtlich ihrer Wirkung und Sicherheit. Im Gegensatz dazu unterliegen Arzneimittel einem strengen Zulassungsverfahren durch nationale und internationale Zulassungsbehörden. 

    Tatsächlich unterscheiden sich Nahrungsergänzungsmittel aus der Apotheke nicht von solchen, die im Reformhaus gekauft werden können. In beiden Fällen handelt es sich nicht um geprüfte und zugelassene Produkte mit nachgewiesener Wirkung, auch wenn die Bewerbung solcher Produkte dies mitunter suggerieren möchte.

    Aus diesem Grunde sollten Sie sich immer die Frage stellen, ob die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel, unabhängig davon, wo sie gekauft werden, wirklich erforderlich ist.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Haarausfall

    Frage

    Hallo Herr Professor Müssig, 

    ich bin 34 Jahre alt und seit Kindheitstagen Typ-1-Diabetikerin. Außerdem habe ich eine Schilddrüsenunterfunktion. Leider habe ich seit einigen Jahren mit Haarausfall zu kämpfen. Die beiden Erkrankungen scheinen das zu begünstigen. Gibt es Nahrungsergänzungsmittel, die ich dagegen nehmen kann? 

    Viele Grüße, Hanna

    Antwort

    Liebe Hanna,

    Menschen mit Diabetes leiden häufiger an Haarausfall als Stoffwechselgesunde. Ein möglicher Grund sind erhöhte Blutzuckerwerte. Aus diesem ist eine normnahe Stoffwechseleinstellung sehr wichtig. Zudem kann bei Menschen mit Typ-1-Diabetes eine besondere Form des Haarausfalls bestehen, die Alopezia areata. Dabei handelt es sich um einen autoimmunbedingten kreisrunden Haarausfall. 
    Haarausfall kann auch Folge einer Schilddrüsenunterfunktion sein. Deshalb ist es wichtig, dass der Schilddrüsenstoffwechsel ausgeglichen ist. Typ-1-Diabetes sowie Hashimoto-Thyreoiditis als möglicher Grund einer Schilddrüsenunterfunktion können als autoimmune Erkrankungen mit weiteren autoimmunen Erkrankungen vergesellschaftet sein. Dazu zählen beispielsweise die chronische atrophische Gastritis (Magenschleimhautentzündung) sowie die Zöliakie (Unverträglichkeit von Gluten). In beiden Fällen kann es zu der verminderten Aufnahme von Vitaminen im Darm kommen. Ein Mangel an Vitaminen, wie insbesondere Biotin und Vitamine der B-Gruppe können einen Haarausfall begünstigen. Aus diesem Grunde wäre es sicherlich sinnvoll, dass Sie sicherstellen, dass kein Vitaminmangel bei Ihnen besteht. Nur dann ist die Einnahme der fehlenden Vitamine sinnvoll.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Darmflora

    Frage

    Sehr geehrter Herr Prof. Müssig,

    ich habe gelesen, dass das Mikrobiom bzw. die Darmflora Einfluss darauf haben, wie man Nahrung verstoffwechselt und ob man abnimmt. Ich habe Typ-1-Diabetes und in den letzten Jahren aufgrund von Stress etwa 5 Kilo zugenommen. Können Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Darmflora nützlich sein und mir beim Abnehmen helfen? 

    MfG Hans B.

    Antwort

    Sehr geehrter Herr B.,

    in der Tat ist die Bedeutung des Mikrobioms für wichtige Stoffwechselfunktionen in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen geraten. Eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Ballaststoffen aus Vollkornprodukten, Gemüse und zuckerarmem Obst wirklich sich günstig auf das Darmmikrobiom aus. 

    Probiotika (lebende Mikroorganismen) und Synbiotika (lebende Mikroorganismen und zusätzliche nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile) können sich möglicherweise günstig auf den Glukosestoffwechsel und das Gewicht auswirken. Allerdings kann aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse ihre Einnahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Abnehmen

    Frage

    Hallo Herr Müssig, 

    ich habe vor zwei Jahren erfahren dass ich Diabetes habe. Das war damals ein große Schock, denn ich bin erst 34. Leider schaffe ich es nicht die zu vielen Kilos runterzubekommen. Es gibt ja viele Shakes und Produkte die beim Abnehmen wahre Wunder wirken sollen. Zum Beispiel Almased. Kann ich soetwas benutzen um abzunehmen? Ich habe schon alles versucht. Weniger essen, kein Süßes, mehr bewegen. Aber die Kilos wollen nicht so recht runter. 

    Danke und Grüße, Inka P.

    Antwort

    Liebe Frau P.,

    in der Tat ist eine Gewichtsreduktion ein wichtiger Therapiebestandteil bei übergewichtigen oder adipösen Menschen mit Diabetes. Vielen Menschen fällt jedoch eine Gewichtsreduktion sehr schwer. Mögliche Gründe dafür sind bei Menschen mit Diabetes Angst vor Unterzuckerungen, blutzuckersenkende Therapien, die einer Gewichtsabnahme entgegenstehen, verminderte körperliche Aktivität oder eine Diät-Müdigkeit. 

    Die Einnahme von niedrig-kalorischen Formuladiäten anstelle von festen Mahlzeiten ist eine sichere und effektive Maßnahme zur Gewichtsabnahme, insbesondere dann, wenn sie im Rahmen eines Gewichtsreduktionsprogramms erfolgt. Neben der Verbesserung des Blutzuckers sind unter anderem auch günstige Wirkungen auf den Blutdruck und den Fettstoffwechsel zu beobachten.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig

  • Betreff: Diabetes und Nahrungsergänzungsmittel

    Frage

    Empfehlen Sie Nahrungsergänzungsmittel zu r Stärkung des Immunsystem?

    Antwort

    Liebe Frau R.,

    die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zur Stärkung des Immunsystems ist nicht angeraten. Vielmehr sollten Sie auf eine ausgewogene und ballaststoffreiche Kost achten. Entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten Sie 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst am Tag zu sich nehmen („5 am Tag“).

    Zudem sollten Sie auf einen aktiven Lebensstil achten und sich regelmäßig an der frischen Luft bewegen. Auch deshalb, damit Ihr Körper ausreichend Vitamin D produziert. Vitamin D ist das einzige Vitamin, das der Körper durch Sonneneinstrahlung selbst produzieren kann. Das körperliche Training sollten pro Woche 2,5 Stunden umfassen, wenn es etwas anstrengend bis anstrengend ist, oder 75 Minuten bei intensiver körperlicher Aktivität. Sie sollten möglichst Kraft- und Ausdauertrainingseinheiten miteinander kombinieren. Gerade beim Sport, aber auch sonst sollten Sie auf ausreichendes Trinken achten. Körperliche Aktivität hilft Ihnen auch dabei, Stress abzubauen.

    Mit besten Grüßen
    Professor Dr. med. Karsten Müssig