Tony Marschall (76) - Mit Lebensfreude gegen Diabetes

100 % geballte Lebensfreude, das ist Tony Marshall, wie ihn sein Publikum liebt und verehrt: Der Fröhlichmacher der Nation. Der beliebte Schlagersänger („Schöne Maid“) und gefeierte Musicalstar (Tevje in „Anatevka“ und Doolittle in „My fair Lady“) ist auch nach 60 Jahren eine feste Größe im Schlagerzirkus, Bekanntheitsgrad 98 %. Aufgrund des jahrzehntelangen Erfolges hätte er allen Grund, „auf die Pauke zu hauen“, doch Tony Marshall ist in seinem Leben immer bodenständig geblieben. Der geborene Schwarzwälder lebt für sein Publikum und nimmt dafür alle Strapazen des Künstlerlebens in Kauf. Noch heute steht er 120-140 Mal im Jahr auf der Bühne. Einen einigermaßen gesunden Lebensstil in diesen stressigen Toruneealltag zu integrieren, ist nicht immer leicht. Und da Tony Marshall schon von Kindesbeinen an eine Vorliebe für Süßes, vor allem Eis und Kuchen hat, und sich zur Entspannung gerne Wein genehmigt, ist sein Körpergewicht in den letzten Jahren bei einer Körpergröße von 1,83 m auf stattliche 120 kg gestiegen. Für Sport bleibt wenig Zeit und auch nicht die Muße, schließlich wird eine Galapagos-Schildkröte auch 300 Jahre alt, obwohl sie sich nicht bewegt, erzählt er gerne augenzwinkernd.

Wahrscheinlich wäre Tony Marshall noch die nächsten Jahre in seinem Wohlfühlmodus geblieben, hätte ihm nicht sein Arzt bei einer Routineuntersuchung die rote Karte gezeigt. Er diagnostiziert eine Polyneuropathie in den Beinen, eine typische Folgeerkrankung des Diabetes mit Taubheit und Kribbeln, denn langjährig erhöhte Blutzuckerkonzentrationen schädigen nicht nur Blutgefäße, sondern auch Nervenzellen.

„Willst Du demnächst spritzen?“ fragt ihn der Arzt, denn der Blutzuckerwert von Tony Marshall liegt bei der Diagnose bei 165. Das wollte er keinesfalls und änderte radikal sein Leben, aus Angst, dauerhaft ernsthaft zu erkranken.

Zwei Jahre ist das jetzt her, seitdem hat er 20 Kilo abgenommen und es geschafft, seine Ernährung komplett umzustellen: Stevia statt Zucker, keinen Kuchen und kein Eis mehr und ganz selten Alkohol. Stattdessen gesunde Ernährung.

Bewegen kann er sich aufgrund der Polyneuropathie auch heute nicht mehr so gut, aber er schwingt, swingt und singt ja auf der Bühne genug. Singen schützt erwiesenermaßen vor Krankheiten, denn durch die Atmung werden Körper und Gehirn besser mit Sauerstoff versorgt, somit wird die Immunabwehr gestärkt.

Wenn seine Stimme verloren gehen würde, wäre das das Allerschlimmste für Tony Marshall. Aber zum Glück ist ihm das in all den Jahren nie passiert, denn er hat im Gegensatz zu den vielen jungen Talenten aus den Casting-Shows, die er eher bedauert als bewundert, Gesang an der Opernschule in Freiburg  studiert. 99% der Menschen würden falsch atmen, sagt er. Sie machen Schlüsselbeinatmung statt Zwerchfellatmung.  Aber nur so könne man mit Seele singen und den Körper befreien.

Doch das Singen alleine hat seinen Körper vorerst nicht vom Diabetes befreit. Das war er schon selbst. Eine Lebensstiländerung im hohen Alter ist verdammt schwer. Das schafft man nur, wenn man das Leben so liebt wie Tony Marshall. 100 % Lebensfreude pur.

Nicole Mattig-Fabian, Februar 2014