Maren (49) – eine Typ-F-Mutter findet ihren Weg

Maren Sturny sitzt seitlich und schaut in die Kamera. Rechts neben ihr sitzt ihre Tochter Sara-Léonie, die einen Sensor am Oberarm trägt. Beide lächeln in die Kamera.

Als Dreifachmutter hat man viel um die Ohren, als Patchwork-Mama sowieso und als Neu-Selbstständige erst recht: Als Marens jüngste Tochter Sarah-Léonie (damals 6) im Sommer 2019 mit Gewichtsabnahme, Erschöpfung und Durst klassische Symptome eines Typ-1-Diabetes zeigte, schob Maren es unter anderem auf den sehr heißen Sommer mit fast 40 Grad. Auch das letzte Jahr im Kindergarten war für ihre Tochter herausfordernd gewesen.

Da es in ihrer Familie keinen Typ-1-Diabetes gab und Maren dies als reine Erbkrankheit verinnerlicht hatte, kam sie gar nicht auf die Idee, an Diabetes zu denken. Sie war auf dem Weg zu einem neuen Kunden nach Hamburg, als sie ihre Tochter in die Obhut ihrer Eltern in Niedersachsen abgab zur „Aufpäppelung“. Da kamen die Kinder immer vital wieder, wie verwöhnende Großeltern eben so sind.

Doch dieses Mal war es anders. Schon einen Tag später sendete Sarah-Léonies Opi ein Foto, auf dem zu erkennen war, dass es ihr noch schlechter ging, dazu die Info, dass Sarah-Léonie sich erneut stundenlang übergeben hatte. Maren schickte ihre Eltern sofort in die Notaufnahme, und düste von Hamburg aus hinterher. Diagnose: Typ-1-Diabetes, ein Blutzuckerwert von über 900 mg/dl und ein Satz des Arztes, der sich Maren ins Gehirn brannte: „12 Stunden später hätten wir nichts mehr für ihre Tochter tun können.“ Rumms.

Warum hatte sie die Symptome nicht erkannt und früher gehandelt? Diese Frage beschäftigt Maren bis heute. Dabei weiß sie inzwischen, dass sie den Ausbruch des Diabetes nicht hätte verhindern können. Aber er hätte sanfter verlaufen können, ohne Lebensgefahr und Intensivstation. Und sie hätte sich besser vorbereiten können. Maren braucht zwei Jahre, um den Typ-1-Diabetes ihrer Tochter wirklich zu akzeptieren. Sie schafft es in der Zeit nicht, aus der depressiven Stimmung zu kommen, fragt sich immer wieder, warum sie, die gerade in der Selbständigkeit so erfolgreich durchgestartet ist, diesen Dämpfer bekommen hat und nun wegen des Diabetes alles aufgeben soll. Die Corona-Zeit obendrauf, in der auch die beiden anderen Töchter, pubertierende Mädchen, zuhause gemanagt werden müssen, das Hin-und-hergerissen-sein zwischen Familienverantwortung, Gut-für-alle-sein und der Selbstzurücknahme, dem Groll gegen den Diabetes und Corona. Maren weiß, sie muss einen Weg finden, sonst bleibt sie selbst auf der Strecke.

Vielleicht hilft es, das Erlebte aufzuschreiben, um anderen Familien damit zu helfen? Es entsteht ein Herzensprojekt, der Ratgeber für Familien mit Kindern mit Typ-1-Diabetes „Rock around the Clock mit Diabetes Typ 1“, den sie 2022 im Eigenverlag herausbringt. Hier kann sie vieles verarbeiten, auch, dass sie ihrer mittleren 12-jährigen Tochter nach der Diagnose viel zu wenig Beachtung geschenkt hat. Als „Schattenkind“ war sie ihr sozusagen durchgerutscht. Das Familienleben litt unter der Diagnose. Typ-1-Diabetes ist eben ein Thema, um das man sich 24/7 kümmern muss.

Neben der neuen Berufung als Autorin startet Maren den Instagram-Kanal @diabetesbluemchen, auf dem sie sehr ehrlich den echten Diabetes-Alltag von sich und SarahLéonie postet und Tipps gibt, auch in Sachen Gelassenheit mit T1D im Alltag. Sie erhält viel Zuspruch von anderen Eltern mit Typ-1-Kindern. Die beiden werden fester Teil der Diabetes-Community. Maren hat ihren Weg gefunden und für 2024 klare Ziele: Ihr zweites Buch zu veröffentlichen, aber auch wieder einmal ein bisschen Zeit für sich selbst zu finden.

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