Ja zu mehr pflanzlichen Lebensmitteln bei Diabetes: Interview mit Prof. Dr. Diana Rubin

Verschiedene Linsen- und Bohnenarten
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Insgesamt wird empfohlen, mehr pflanzliche und weniger Produkte vom Tier zu essen. Für Menschen mit Diabetes kann ein Plus an pflanzlichen Lebensmitteln ein echter Bonus für die Gesundheit sein. Wir haben bei Prof. Dr. Diana Rubin vom Vivantes Klinikum in Berlin, Vorsitzende des Ausschusses Ernährung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), dazu nachgefragt.

 

Prof. Dr. Diana Rubin
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Deutsche Diabetes-Hilfe: Frau Professor Rubin, warum ist es so wichtig, mehr pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Getreide, Obst, Hülsenfrüchte und kleine Portionen ungesalzene Nüsse zu essen?

Prof. Rubin: Wir wissen mittlerweile, dass eine Ernährungsform, die reich an pflanzlichen Lebensmitteln ist, vor zahlreichen Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt.

Deutsche Diabetes-Hilfe: Wie profitieren Menschen mit Diabetes davon, wenn sie bevorzugt pflanzliche Lebensmittel essen?

Prof. Rubin: Bei vielen Menschen mit Typ-2-Diabetes spielt vorhandenes Übergewicht eine zentrale Rolle. Werden zum Beispiel bewusst mehr Gemüse, Salat, Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte gegessen, isst man automatisch weniger Kalorien, beispielsweise im Vergleich zu verarbeitetem und fettreichem Fleisch. Zudem sättigen sie deutlich besser als Fleisch und Wurst. Auch für einen gemäßigten Blutzuckerverlauf bieten sich weniger stärkereiche Gemüse und Obst wie Tomaten, Gurken, Paprika, Zitrusfrüchte oder Beerenobst ideal an.

Deutsche Diabetes-Hilfe: Es wird empfohlen, Fleisch und Wurst, besonders vom Schwein, Rind, Kalb, Wild oder Lamm, nicht täglich zu essen. Warum ist es bei Diabetes so wichtig, die Mengen an rotem Fleisch zu reduzieren?

Prof. Rubin: Fleischreiche Ernährung, insbesondere rotes Fleisch, kann das Risiko für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes begünstigen. Ein geringerer Konsum von rotem Fleisch und Wurst kann aktiv dazu beitragen, Folgeerkrankungen wie Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv zu beeinflussen. Werden Wurst sowie geräucherte, salz- und fettreiche Fleischprodukte reduziert, können sich zudem auch erhöhte Blutdruck- und Blutfettspiegelwerte verbessern.

Deutsche Diabetes-Hilfe: Wie bewerten Sie zum Beispiel pflanzliche Joghurt- und Milchalternativen oder andere Sojaprodukte in der Diabetes-Ernährung?

Prof. Rubin: Pflanzliche Produkte auf Sojabasis, wie beispielsweise pflanzliche Joghurt- und Milchalternativen oder vegetarisches Hack, wären eine Option, um den Anteil tierischer Lebensmittel zu reduzieren. Wichtig ist es, beim Austausch von tierischen Lebensmitteln gegen pflanzliche auf die Kalorien, Zucker- und Salzgehalte zu achten. Infos dazu gibt es auf der Packungsrückseite von zum Beispiel vegetarischen Schnitzeln, Bratlingen, Sojadrinks und Joghurtalternativen. Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte sowie Vollkorngetreide und kleine Mengen an Nüssen, die möglichst wenig verarbeitet sind, sollten den Hauptteil der pflanzlichen Lebensmittel ausmachen.

Deutsche Diabetes-Hilfe: Welche Tipps geben Sie Ihren Patientinnen und Patienten, damit sie mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel essen?

Prof. Rubin: Zuerst empfehlen wir, dass ein Esstagebuch geführt wird. Hier sollte dann über einen festgelegten Zeitraum alles notiert werden, was gegessen und getrunken wird. Mit Hilfe dieses Ernährungsprotokolls lässt sich jeder Mensch individuell beraten. Im Hinblick auf tierische Lebensmittel haben wir die Erfahrung gemacht, dass zum Beispiel die schnell verfügbare Bockwurst oder die Scheibe Wurst zwischendurch oft gar nicht als Fleisch wahrgenommen und direkt wieder vergessen wird. Hier lohnt es sich, gemeinsam Alternativen zu erarbeiten, damit sich Essgewohnheiten auf Dauer verändern. Wichtig ist, Betroffenen nicht das Gefühl zu vermitteln, dass gesundes Essen nicht schmeckt. Vielmehr wollen wir bewusst ansprechen, wie positiv sich eine pflanzenbetonte Ernährung auswirkt und was man bereits mit kleinen Veränderungen in den Essgewohnheiten erreichen kann.

Mit Prof. Dr. Diana Rubin sprach Kirsten Metternich von Wolff (Dezember 2021)

Dieser Text ist entstanden als Teil der Kooperation mit Alpro.