Typ-2-Diabetes trotz Normalgewicht?

Ein Mann im mittleren Alter misst seinen Blutzucker an seinem Zeigefinger. Er sitzt an einem weißen Tisch, vor ihm steht ein Glas Wasser. Er trägt ein Hemd und einen grauen Pullunder sowie eine dunkle Brille.
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Übergewicht gilt als einer der zentralen Risikofaktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. Doch wie wahrscheinlich ist es, auch als normalgewichtige Person Typ-2-Diabetes zu bekommen? In einer Metaanalyse haben Forschende untersucht, wie sich das Körpergewicht auf die Neuerkrankungsrate („Inzidenz“) von Typ-2-Diabetes auswirkt. Dafür wurden Daten aus 94 Studien mit rund 3,4 Millionen Teilnehmenden aus 22 Ländern zusammengefasst.

Diese hatten bei Studienbeginn weder Prädiabetes noch Typ-2-Diabetes und wurden anhand ihres Body-Mass-Indexes (BMI) in die BMI-Klassen „Untergewicht“ (BMI kleiner 18,5 kg/m²), „Normalgewicht“ (BMI 18,5 bis 24,9 kg/m²) sowie „Übergewicht bis starkes Übergewicht (Adipositas)“ (BMI 25 kg/m² oder größer) eingeteilt – wobei für Teilnehmende aus dem asiatischen Raum, die eine geringere BMI-Schwelle für dasselbe Diabetesrisiko haben, andere Klassifizierungen festgelegt wurden. Mindestens ein Jahr lang (und acht Jahre in der medianen Nachbeobachtung) registrierten die Forschenden im Anschluss, ob ein Typ-2-Diabetes neu auftrat.

Das Ergebnis: Ja, das Gewicht beeinflusst die Anzahl der Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes, aber auch Menschen mit Normalgewicht können erkranken. Konkret ergab sich in der Metaanalyse eine Typ-2-Diabetes-Neuerkrankungsrate von 4,5 pro 1.000 Personenjahren bei Personen mit Untergewicht, 2,7 pro 1.000 Personenjahren bei Personen mit Normalgewicht sowie 10,5 pro 1.000 Personenjahren bei Personen mit Übergewicht und Adipositas.

Auch die Neuerkrankungsrate von Prädiabetes haben die Forschenden unter die Lupe genommen. Sie war höher als die von Diabetes und lag durchschnittlich bei 47,4 pro 1.000 Personenjahren bei den Erwachsenen mit Normalgewicht und bei 63,1 pro 1.000 Personenjahren bei denen mit Übergewicht/Adipositas.

Zunahme von Typ-2-Diabetes unter Normalgewichtigen

Es zeichneten sich zudem Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten ab: Die Neuerkrankungsrate an Typ-2-Diabetes bei Personen mit Untergewicht hat seit 1995 stark abgenommen. Bei Personen mit Normalgewicht stieg sie dagegen seit 1985 kontinuierlich an (von 1,2 pro 1.000 Personenjahre zwischen 1985 und 1990 auf 5,6 pro 1.000 Personenjahre nach 2010). In anderen Worten: ein Anstieg von 36 % alle fünf Jahre.

Die Entwicklung der Neuerkrankungsrate von Personen mit Übergewicht/Adipositas verlief komplexer: Zwischen den Jahren 1985 und 1995 bis 2000 stieg sie an (von ca. 6 pro 1.000 Personenjahren in 1985 auf ca. 11 pro 1.000 Personenjahren zwischen 1995 und 2000). Dann war sie mehrere Jahre konstant hoch, bis sie seit 2010 erneut stark anstieg (auf 16,4 pro 1.000 Personenjahren nach 2010).

Warum normalgewichtige Personen einen Typ-2-Diabetes entwickeln, ist noch nicht vollständig bekannt. Risikofaktoren können aber neben dem Körpergewicht die Körperfettverteilung, Bluthochdruck, Rauchen, Bewegungsmangel und die Ernährungsqualität sein. Die Forschenden plädieren daher dafür, auch normalgewichtige Personen bei Screening-Maßnahmen und Strategien zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Metastudie wurden im September 2023 im Journal of Global Health unter dem Titel „Incidence and temporal trends in type 2 diabetes by weight status: A systematic review and meta-analysis of prospective cohort studies“ veröffentlicht.

 

Quellen: Diabinfo; Journal of Global Health

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